Was erzählt dein Bildprofil?

Wenn Fotos anfangen zu reden – und wir plötzlich zuhören

Neulich durfte ich für eine sehr liebe Freundin die Dekoration zu ihrem runden Geburtstag gestalten. Ich sage bewusst durfte, denn es war für mich ein kleines Geschenk im Geschenk. Mein Material? Kein Goldpapier, keine Girlanden in ihren Lieblingsfarben – sondern: ihre Fotos auf Facebook.

So ein Profil ist ja wie ein öffentliches Wohnzimmer – eine Art Schaufenster des eigenen Lebens (oder zumindest einiger Jahre des eigenen Lebens). Aber wissen wir eigentlich, ob das, was wir beim Posten fühlen oder ausdrücken wollen, auch wirklich von den Betrachtern gelesen bzw. erkannt wird?

Ich scrollte durch Jahre voller geteilter Momente – Urlaube, Freizeitaktivitäten, kleine Alltagsaugenblicke – und begann, diese Bilder auszudrucken, zu sortieren, neu anzuordnen.
Was dabei entstand, war kein reines Stimmungsbild, sondern fast so etwas wie eine visuelle Biografie – . Ein Mosaik aus Erinnerungen, Stimmungen, Facetten – ihrer Jahre als Erwachsene, eine Geschichte, die sie selbst vielleicht so noch nicht betrachtet hatte. Denn das Faszinierende an Bildern ist: Sie erzählen weiter, auch wenn wir längst vergessen haben, was wir ursprünglich ausdrücken wollten.

Als ich später das Ergebnis präsentierte, war meine Freundin berührt – und ein wenig überrascht. Einige Fotos, die sie nur „nebenbei“ gepostet hatte, wirkten plötzlich bedeutungsvoll. Andere, auf die sie besonders stolz war, traten in den Hintergrund.
Kein Filter, kein Fake, nur eine neue Komposition. Und doch entstand daraus eine etwas andere Erzählung über sie.

In diesem Moment wurde wieder deutlich:
Unsere Geschichten sind nicht festgeschrieben. Sie verändern sich mit dem Blick, der sie betrachtet.

Storytelling bedeutet nicht, eine Geschichte zu erfinden – sondern zu entdecken, welche Bedeutung in ihr liegt. Die südafrikanische Erzählerin Chene Swart beschreibt es so:

„Storytelling ist die Kunst, Geschichten so zu erzählen, dass Menschen neue Bedeutungen finden können.“

Aus meiner Erfahrung hilft es zu lernen, die eigene Geschichte mit anderen Augen zu sehen. Denn jeder Blick ist eine Perspektive. Meine war die der Freundin, die liebevoll auswählt und verbindet.
Die Gäste sahen dieselben Fotos – und erzählten plötzlich ihre Versionen dazu: „Weißt du noch damals…?“ Und da war sie – die nächste Schicht, die nächste Bedeutung.


Was würde mein eigenes digitales Mosaik erzählen, wenn jemand es so betrachten würde – ohne Worte, ohne Kontext?
Was würde deines erzählen?

Vielleicht ist genau das die Einladung dieser Zeit, in der so vieles gezeigt wird, geteilt, in Bildern transportiert wird: bewusster zu schauen, was wir zeigen – und was wir dabei vielleicht übersehen. Bilder sind keine Beweise, sondern Beziehungen. Sie verbinden uns, weil sie gelesen, gedeutet, gefühlt werden wollen. Und manchmal erzählen sie uns etwas über uns selbst, das wir noch gar nicht wussten.


Der eigentliche Zauber des Perspektivwechsels liegt doch darin, dass wir beginnen, unser eigenes Leben nicht mehr als fixen Plot zu verstehen – sondern als lebendige Geschichte in Bewegung erkennen. Sie ist wandelbar. Eine Geschichte, die sich jedes Mal ein wenig verändert, wenn wir den Blickwinkel ändern.


Als visuelle Kommunikatorin reizt mich dieser Gedanke immer wieder. Denn Bilder sind nie neutral, sie laden ein zu Bedeutungen, manchmal auch zu Missverständnissen. Genau darin liegt ihre Magie: Wir können spielen, gestalten, ausprobieren – und uns neu entdecken.

Vielleicht ist es das, was mich an kreativer Arbeit so begeistert: Das Gestalten von Räumen, in denen sich neue Sichtweisen auftun. Bildergeschichten, die zum Gespräch einladen. Und wer weiß – vielleicht liegt der eigentliche Zauber nicht in der perfekten Inszenierung, sondern darin, dass wir einander mit neugierigen Augen – im Sinne von unverstelltem Interesse – betrachten. Und vielleicht, ganz vielleicht, beginnt genau dort echtes Zuhören – bei den Bildern, die längst sprechen, wenn wir endlich still genug werden, um sie zu hören.

Was du daraus mitnehmen kannst?
Manchmal lohnt es sich, die eigene Geschichte aus einem anderen Blickwinkel zu sehen – ob durch alte Fotos, Social-Media-Posts oder Erinnerungsstücke, die schon lange in einer Schublade schlummern. Frag dich: Was erzähle ich gerade von mir? Und ist es wirklich das, was ich zeigen möchte?

Wenn dich dieser Gedanke kitzelt und du Lust hast, deine eigene „visuelle Geschichte“ einmal neu zu sortieren, melde dich gerne. Vielleicht bei einem Workshop, in dem wir gemeinsam einen Blick auf deine gesammelten Online-Mosaiksteine deines Lebens werfen – nicht, um es zu „optimieren“, sondern um die Schätze darin neu zu entdecken.